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Wie Hamburg zur Schwammstadt wird

Gemeinsam mit der Hamburger Umweltbehörde erarbeiten wir Ideen, die aus Hamburg eine Schwammstadt machen sollen – und reagieren damit auf heiße Sommer, viel Beton und häufigere Starkregenereignisse in der Elbmetropole.

Hamburg zählt zu den grünsten Städten Europas. Aber trotz der vielen Parks und Grünanlagen verschwinden immer mehr Flächen unter Asphalt und Beton. 2017 hat die Hamburger Umweltbehörde ausgerechnet, dass 39 Prozent des Stadtgebiets versiegelt sind. 1999 waren es erst 36 Prozent. Während der Regen also immer seltener natürlich versickern und verdunsten kann, werden gleichzeitig die Folgen des Klimawandels immer spürbarer.

Das zeigen die Zahlen des Deutschen Wetterdienstes. Die Temperaturen steigen. Es gibt immer mehr heiße Tage und tropische Nächte, dafür seltener Frost. Ein Beispiel: Von 1961 bis 1990 zählte Hamburg pro Jahr durchschnittlich 2,5 Tage mit Temperaturen über 30 Grad. Von 1990 bis 2019 waren es im Schnitt schon 5,6 heiße Tage. Im Sommer 2020 gab es im August die längste anhaltende Hitzewelle seit Beginn der Wetteraufzeichnungen im Jahr 1891. An 12 aufeinanderfolgenden Tagen kletterte das Thermometer auf über 30 Grad.

Mehr Hitze und Starkregen

Seitenstraße mit Kopfsteinpflaster bei starkem Regen
Durch den Klimawandel steigt die Wahrscheinlichkeit für Extremwetterereignisse wie Hitze und Starkregen (Foto: Jörg Böthling / HW)

Die Hitze wird zu einer besonders großen Belastung für die Gesundheit der Stadtbewohner:innen. Denn die stark versiegelten städtischen Quartiere heizen sich noch viel stärker auf, weil Fassaden, Dächer und Straßen die Sonnenwärme speichern und kaum wieder abgeben. Es entstehen sogenannte Hitzeinseln. Hier ist es noch einmal heißer als in ländlichen Gebieten. Gleichzeitig steigt die Gefahr für Starkregen.

Zunehmende Versiegelung, steigende Temperaturen und mehr Starkregen: Diese Entwicklungen kommen zusammen – mit negativen Auswirkungen für die Stadt und ihre Bewohner:innen. Wohin also mit dem Regenwasser? Wie lassen sich die städtischen Entwässerungssysteme auf die Zukunft vorbereiten? Mit diesen Fragen beschäftigt sich die Initiative der RegenInfraStrukturAnpassung – kurz RISA. HAMBURG WASSER und die Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft (BUKEA) arbeiten gemeinsam daran. Das Ziel: RISA soll der Wegbereiter einer Stadtentwicklung sein, die den nachhaltigen Umgang mit Regenwasser im Blick behält.

Auch das beste Kanalnetz kommt an seine Grenzen

Hamburg muss sich verändern, das ist allen Akteur:innen klar. Ein Etappenziel ist bereits erreicht, unsere großen Entlastungsprogramme: riesige Abwasserautobahnen und Speicher unter der Stadt, die Regenmassen zurückhalten, wenn sie unser Klärwerk und unser Kanalnetz überfordern.

Auch das beste Kanalnetz kommt irgendwann an seine Grenze. Deswegen verfolgt die Schwammstadt ein anderes Ziel: Im Idealfall soll der Regen dort versickern und verdunsten, wo er gefallen ist. Falls das nicht kurzfristig möglich ist, wird Regenwasser zwischengespeichert. Die Stadt der Zukunft soll das Wasser aufnehmen und abgeben wie ein Schwamm.

So funktioniert die Schwammstadt

Es geht um einen Paradigmenwechsel, den HAMBURG WASSER, Behörden, die Gesellschaft und die Wirtschaft schaffen müssen.

Wie das funktionieren soll? Mit Gründächern, lockeren Böden, Mulden, Gräben, Pflanzen an Fassaden oder Rasengittersteinen statt Asphalt. Mit Schulhöfen, Sportplätzen, Parkplätzen oder Parks, die zu Speichern für Regenwasser werden.

Symbolgrafik einer Schwammstadt mit Gründächern, Versickerungsflächen, Rückhaltebecken etc.
Viele Prinzipien, ein Ziel: Klicken Sie sich durch unser Modell und lernen Sie die Schwammstadt kennen (Grafik: Tobias Wandres / HW)
  1. Ein Retentionsbodenfilter (Grafik: Tobias Wandres / HW)

    Mit dem Regen können Schwermetalle, Sand oder Mikroplastik von unseren Straßen in die Gewässer geleitet werden. Retentions-Bodenfilter funktionieren dabei wie eine natürliche Kläranlage: Das Regenwasser durch Sand- und Kies geleitet, der mit Schilf dicht bewachsen ist. Die Pflanzen reinigen das teils stark verschmutzte Wasser, anschließend versickert es oder wird in Seen, Bäche oder Flüsse geleitet.

    Das kann auch bei heftigen Regengüssen helfen: Durch die verzögerte Ableitung werden bei Starkregen Gewässer und Siele entlastet.

  2. Zisterne (Tobias Wandres / HW)

    Viele Gartenfreunde haben eine Tonne, um mit kostbarem Regenwasser ihren Garten zum Blühen zu bringen. Wer Tomaten, Kräuter und Blumen im großen Stil mit dem gesammelten Regenwasser gießen will, setzt auf Zisternen, also unterirdisch verbaute, große Wasserspeicher. Die Vorratsstrategie entlastet nicht nur die Kanalisation, sondern auch den Geldbeutel.

  3. Gründächer (Tobias Wandres / HW)

    Auf und an Hamburger Gebäuden wachsen immer häufiger Gräser, Moose, Sträucher und manchmal sogar Bäume. Der grüne Teppich hält den Regen auf den Dächern, so dass er verdunsten kann oder nur noch ein kleiner Teil in die Abwasserkanäle fließt. An heißen Sommertagen wirkt das Pflanzenpolster zudem wie ein Hitzeschild. Und: Das Grün bietet Käfern, Würmern, Schmetterlingen und Co. einen Lebensraum.

  4. Oben Sport, unten Rückhaltebecken (Tobias Wandres / HW)

    Öffentliche Räume werden zu Alleskönnern: Wenn es lange stark regnet, sind irgendwann selbst unsere großen unterirdischen Speicher voll. Deshalb werden Regenwassermassen auf Spiel- und Sportplätze oder in Parks umgeleitet. Dort wird das Wasser zwischengespeichert, es kann verdunsten oder mit gedrosseltem Tempo in die Kanalisation fließen. 

  5. Hier kann Regenwasser versickern (Tobias Wandres / HW)

    Statt Beton und Asphalt: Höfe, Parkplätze, Zufahrtswege und Abstellflächen können wasserdurchlässig gestaltet werden. Alternativen sind zum Beispiel Schotterrasen, Rasengittersteine, Holzpflaster oder wasserdurchlässige Beläge.

  6. Vom Dach kann Regenwasser in eine Mulde laufen (Tobias Wandres / HW)

    Am besten ist es natürlich, wenn Regen vor Ort verdunsten und versickern kann. Eine Möglichkeit dafür sind offene Gräben und Mulden. Wenn der Regen hier aufgefangen wird, trägt das zu einem möglichst natürlichen Wasserkreislauf bei.

  7. Blaugrüne Straßenräume (Tobias Wanders / HW)

    Mehr Grün und Blau statt Asphalt und Beton: Städte werden zu Wasserspeichern weiterentwickelt, damit der Regen vor Ort bleiben kann. So sinkt die Überflutungsgefahr bei Starkregen und im Sommer kühlt das Wasser durch Verdunstung die Umgebung. Ganz wichtig sind Bäume – sie sorgen für Schatten, Kühle und frische Luft.

Kleine Projekte mit großer Wirkung

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Ein anderes Beispiel ist der Sportplatz an der Möllner Landstraße: Er nimmt im Starkregenfall mehr als 500.000 Liter Wasser auf

Ein guter Anlass in den Bestand einzugreifen sind Sanierungen. Zum Beispiel die der Straße Wiesenhöfen in Volksdorf. Das Straßenprofil glich dort früher einem Dach: Das Regenwasser floss zu zwei Seiten in einen Abwasserkanal. An einer Stelle der Straße gab es einen Tiefpunkt, an dem sich bei starken Regenfällen das Wasser immer wieder staute.

Heute fließt es über eine Rinne in den angrenzenden Ohlendorffs Park: Dort gibt es eine natürliche Mulde, in der sich der Regen sammelt und langsam verdunstet und versickert. Es sind eher kleine Projekte, die es künftig immer mehr geben soll, damit die vielen verstreuten Maßnahmen zusammen zu einem großen Schwamm werden.

Zusammenarbeit soll weiter gestärkt werden

RISA möchte zu einem möglichst naturnahen Wasserhaushalt in der Stadt zurückfinden: Regenwasser vor Ort halten, um die Siele zu entlasten, aber auch um Bäume und Pflanzen zu versorgen und die Quartiere zu kühlen. Bisher gibt es rund um RISA vor allem Pilotprojekte.

Das soll sich in Zukunft ändern: „Wir müssen die Zusammenarbeit mit allen Akteuren vom Hausbesitzer über die Stadt- und Verkehrsplaner, die Schulen und Sportstätten bis hin zu den Unternehmen verbessern, Standards entwickeln und institutionalisieren. An diesem Übergang stehen wir gerade“, erklärt Sonja Schlipf. „Für die Zukunftsfähigkeit der Stadt und die Lebensqualität ist das ein ganz entscheidender Schritt.“

Portrait: Sonja Schlipf
Wir müssen die Zusammenarbeit mit allen Akteuren stärken!
Sonja Schlipf

Regenwasser-Management

Regen-Infra-Struktur-Anpassung Weitere Informationen

RISA Projektmarkierung als Stein im Pflaster
Foto: Krafft Angerer / HW

Flächenversiegelung und Klimawandel stellen die Wasserwirtschaft in Hamburg vor neue Herausforderungen. Die Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft und HAMBURG WASSER haben mit dem Projekt RISA Konzepte für einen zukunftsfähigen Umgang mit Regenwasser erarbeitet.